Wie kommt man dazu ein Buch, einen Artikel, einen Text zu lesen?
Manche lesen viel, andere weniger … Was treibt den einen, was verhindert den anderen?
Lesen beginnt noch bevor man die Worte entziffern kann, mit Bilderbüchern und der eigenen Fantasie, welche Geschichte sich da wohl abspielt. Darf ich meiner Fantasie trauen, werde ich unterstützt oder eher gebremst, wird mir eine Interpretation vorgegeben? Worauf gründet sich mein Verstehen, mein Weiterspinnen, meine Interpretation? Werde ich ermuntert oder eher davon abgehalten, meine Zeit mit Büchern zu verschwenden?
In der Schule steht Lesen im Lehrplan, aber wieder hängt es doch stark davon ab, was ein Lehrer damit macht, wie er die Kinder anleitet, zu Lesen, auf die Worte, auf den Sinn zu achten, das Erzählte zu deuten. Darf es in „meiner Welt“ etwas anderes bedeuten, als in „deiner Welt“? Wie viel Fantasie ist erlaubt?
Im Studium der Sprachen, der Philosophie, der Religionen, ist Literatur-Exegese ein wesentlicher Bestandteil. Man lernt Methoden, sich den Text zu erklären: den Plot, die Erzählstränge, die Personen und ihre Beziehungen, den Humor, die Orte des Geschehens, die Zeit, in der die Handlung spielt, den politischen Background, zumindest in Romanen, Novellen, Erzählungen. Die Art des Erzählens, den Stil, die Position der Schreibenden, die Ansprache an den Leser, spielen eine Rolle, wie man mit einem Text „klar kommt“. Hinzu gehört auch das emphatische Miterleben, das Vergleichen mit anderen Geschichten, der eigenen Erfahrung. So kommt man letztlich zu einem Urteil, einem bleibenden Eindruck.
Aphorismen, Sentenzen, und vor allem Gedichte, sind oft dichter gewebt, und somit auch schwerer zu deuten. Stimmungen, Gefühle werden durch geschickte Anordnung, Zuordnung, auch manchmal durch das Mittel des Reims, erzeugt. Manchmal sind nur wenige Hinweise auf den Grund, den Anlass vorhanden, der den Dichter zu seinem Ausdruck getrieben haben.
Zu jedem großen oder bedeutenden Werk eines Dichters, Schriftstellers gibt es Exegeten, die uns nun wieder ihre Interpretation, manchmal auch ihre Meinung dazu, präsentieren. Kritiker schreiben in Zeitungen, Zeitschriften, in Interpretations-Sammlungen. Neuerscheinungen werden im Fernsehen präsentiert, verrissen oder euphorisch gelobt und zum Lesen empfohlen.
Literarische Zirkel (Das literarische Quartett, Lesenswert, Bauer sucht Kultur u.a.) und andere Kultursendungen stellen uns auch mehr als nur das aktuelle literarische Ereignis vor: den Schriftsteller, seine Lebensumstände, seinen Werdegang, den Hintergrund der Story, lassen ihn/sie selbst erzählen.
Sind das ggf. Momente, die uns bewegen, ein bestimmtes Buch, einen Text zu lesen?
Man steht in der Bücherei, einer Buchhandlung vor einem Angebot an Literatur … Wieso ziehen einen bestimmte Bücher an? Der bekannte Name, der Titel, die Aufmachung, gerade etwas dazu gelesen, gehört, gesehen? Von einem/r Freund/in empfohlen? Was, wenn man völlig unbeeinflusst, nur etwas „zum Lesen“ sucht? Hilft der Klappentext? Das Foto, die Grafik?
Wie kann es einem passieren, dass man 3 Bücher von unterschiedlichen Schriftstellern ließt, die trotz völlig unterschiedlicher Story, Anzahl Seiten, Jahrgang, Erscheinungsjahr usw. das gleiche Thema bearbeiten? Wie findet man diese Bücher ohne Absicht?
Manchmal rufen einen Bücher …